Dave Monroe, Pornografie und Sexualität

Dave Monroe, Philosophiedozent mit Vorliebe für populäre Herangehensweisen an „große“ Fragen, hat zehn Autoren zusammengetrommelt, um deren Essays über Pornografie als „Philosophie für Verdorbene“ herausgegeben. Das Buch zeigt wieder einmal zweierlei: Über solche tendenziell frivolen Themen wird in den USA sehr viel anders nachgedacht als in Europa, und: „Männer & Frauen“ haben Probleme, die „Männer & Männer“ nicht haben – und zugleich sind sie leider so dumm, von „Männer & Männer“ nicht lernen zu wollen.
Es ist erstaunlich, aber in diesem Buch, das im Januar 2011 (und nicht etwas 1950) erschienen ist, kommen Schwule und Lesben gar nicht vor – und bitte, wer wäre wohl verdorben, wenn nicht sie? Die Autoren merken gar nicht, dass das, was sie als „lesbische Pornografie“ beschreiben, ganz einfach Muschisex für sabbernde Männer ist. Um das beurteilen zu können, müssten sie halt schon einmal lesbische Pornografie gesehen haben. Zwei Frauen aneinander herumfingern zu lassen ist ein ganz normaler Topos heterosexueller Pornografie.
Alles, was die Autoren möglicherweise problematisch an Pornografie einschätzen, resultiert aus der „Ungleichheit der Geschlechter“ und damit natürlich aus gegenwärtiger Heterosexualität als solcher – wenn man nur zuguckt und nicht verliebt oder geil beteiligt ist, fällt selbst den Männern auf, dass im Geschlechterverhältnis möglicherweise etwas nicht stimmt. Der naheliegende Schluss, dass die Pornografie reale Probleme leicht vergröbert darstellt, wird ebenso wenig gezogen, wie der Vergleich mit anderen sexuellen Konstellationen als Mannfrau. Ziemlich borniert, oder?

3 Gedanken zu „Dave Monroe, Pornografie und Sexualität

  1. Nun ja, die „Verdorbenheit“ kommt ja auch nur im verkürzten deutschen Titel vor. Im Original heißt das Buch wohl so:

    Porn – Philosophy for Everyone: How to Think With Kink

    Und ein „kink“ ist eben eine ganze Kleinigkeit, also keine so richtige Abartigkeit, ja noch nicht einmal eine gelinde Verderbtheit. Wenn einer ausgewachsene Homosexualität tatsächlich zu den Kinks zählt, beleidigt er sie doch zutiefst. Wird zwar immer spießiger, aber es besteht ja noch ein klein wenig Hoffnung, oder? Sie passt also – hoffentlich – noch gar nicht in das Buch mit rein. Das eben gedacht ist „for Everyone“ – und da hätte er auch gleich „for Dummies“ schreiben können.
    Die hält man dann allerdings in der deutschen Fassung für nichts weniger als verdorben…

  2. Ach, das tut der gequälten Seele gut – zwar wird das Buch nicht besser, aber man weiß wenigsten, warum! Besten Dank.
    (Allerdings hätte ich gesagt, dass „kink“ der hedonistische Vorläufer für „queer“ gewesen sei – irgendwie polymorph pervers ohne Festlegung, und insofern möglicherweise ganz lebendig.)

  3. Sie haben recht, immer noch besser ’nen Kink, hier im Sinn einer erot. Marotte, als garnüscht; aber es sollte dann doch möglichst ein klein wenig weiter gehen als „lieber ungewaschen“ oder so ähnlich. Es hat mich einmal ein leicht naiver Bekannter gefragt – offenbar meinte der junge Mann, ich sei diesbezüglich im Besitze einer allgemeingültigen Wahrheit – wie ‘der Homosexuelle‘ denn so denke und fühle, er als ausgemachter Hetero tappe da schrecklich im Dunkeln. Meine Antwort: Na, du hast ja wohl auch, wie jeder, so deinen kleinen Kink. Und so ein Kink ist eben ausbaufähig, siehste. Das war natürlich absoluter Quatsch, befriedigte den Fragesteller aber vollkommen.

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