Archiv für den Monat: Dezember 2006

Computer Hexameter

Mit der Schwulen Literatur ist es nach den hitzigen Debatten hier nicht so weit her.
Die Verleger schreiben Ankündigungen fürs nächste Frühjahr,
die Rezensenten rezensieren die letzten Titel des letzten Herbstes, …

Da will ich doch mal in fremden Gefilden wildern.
Habe ein wunderbares Gedicht gefunden über die Plage mit dem Computer – und mit dem plagt sich ja auch jeder Blogger!

Hexameter

Nenne mir Muse den Mann, der von Neumanns Rechner durchschaut ganz;
Schlingen kann lösen spaghettiknotrigen Kodes Gewirre!
Zeit zu ersparen geschaffen, erzwingt er Schichten zur Nachtzeit.
Abstürzend treibt er des Blutes Druck hoch zu eil’ger Recover.
Sage uns! Knecht oder Herr ist der Mensch, der Maschine Erzeuger?
Hört doch der Rechner auf niemand, und lang überlebt er den Herrn.
Last soll er tragen, doch Macht übt er aus ohne Einsicht und G’horsam.
Einzeln noch recht, der Kontrolle im Cluster entrinnen die Mittel.
Frei von Gefühlen, Schwankungen fließet sein Denken.
Hören und Sprechen berühren ihn nicht, der des Subjekts ledig.
Taubstumm wie er noch erliegen sie ganz ihrem eigenen Zauber,
Hexer – mit Muse durch kritisches Denken nur leite zu Weitsicht!

Leider verschweigt meine Quelle den Autor.
Aber vielleicht hat der Gründe, seinen Namen nicht zu nennen.

Schwule Nazis

Obwohl es viele Äußerungen im Kulturbetrieb gibt, die in der Lage sind, Brechreiz auszulösen, ist der Versuch vieler Exilliteraten, die Verwerflichkeit der Nazis durch Hinweise auf ihre tatsächliche oder vermeintliche Homosexualität deutlich zu machen, ein absoluter Höhepunkt. KZ – nicht so schlimm, schwul – igitt! Das ist bodenlos in jeder Hinsicht.
Klaus Mann hat in „Mephisto“ zweierlei geleistet: er verdammt den prominenten Mitläufer „Höfgen“, und er nimmt einen gutgläubigen und unbedeutenden Nazi in Schutz, einen kleinen Schauspieler, der vor und nach Hitlers Machtübernahme wie der letzte Dreck behandelt wird. Bekämpfenswert ist der Nationalsozialismus, doch um das leisten zu können, muss man sich die einzelnen Menschen, die Opfer dieser Ideologie werden (denn solche Opfer sind ja selbst die Nazi-Täter!), schon mal genauer angucken. Klaus Manns alter ego Sebastian und seine Schwester tun das, und das hat nichts mit Verharmlosung zu tun.
Bei uns im Verlag wird voraussichtlich im Frühjahr unter dem Titel „Radikal“ ein Roman über einen schwulen Neonazi erscheinen, dessen Autor Uwe Szymborski sich die Vorstellung einer Täterperspektive zur Aufgabe gemacht hat. Das liest sich faszinierend, ist aber verdammt schwer zu machen. Das Schwulsein ist in diesem Fall der Knacks in der Persönlichkeit, der dem Protagonisten schließlich den Weg zum Ausstieg zeigt – leider kein allgemeingültiger Lösungsversuch für dieses Problem, aber hoffentlich ein interessanter. Mehr dazu ab Februar auf www.maennschwarm.de.