Warum findet man so wenig Gegenwart in der deutschen Gegenwartsliteratur? Am 30. Januar griff Richard Kämmerlings in der FAZ ein Thema auf, das auch für „Schwule Literatur“ von Interesse ist: wie kommen die Autoren zu ihren Stoffen? Bestimmte Stoffe werden wieder und wieder durchgekaut, andere – z.B. Schwule oder Migranten – tauchen so gut wie nie auf. Kämmerlings schreibt, derzeit dominiere die Retrospektive: einerseits historische Figuren, andererseits Familiengeschichten, am besten eine Kombination von beidem. Ausführlich nachzulesen ist das auf www.faz.net unter dem Titel „Am Tellerand gescheitert“. Da wir bekanntlich mit dem Aufruf, sich am Sammelband „Schwule Nachbarn“ zu beteiligen, einen Impuls setzen wollten, auch über den „sexuellen Tellerrand“ hinauszublicken, ist das Wasser auf unsere Mühlen. Am 7. Februar veröffentlicht Die Zeit eine Replik von Ulrich Greiner, Literatur und Gegenwart, Greiner (Zeit) gegen Kämmerling (FAZ) weiterlesen
Archiv für den Monat: Februar 2008
Ulf Erdmann Zieglers zahme Wiesen
Dylan Thomas beschreibt seine Jugend als „grün und golden“, Jourdans Jugendliche sind „Schlimme Engel“, Cocteau schreibt über „Schreckliche Kinder“, Klaus Mann zelebrierte einen „Frommen Tanz“ und in den 80er Jahren galt der Schlachtruf „Lebe wild und gefährlich“. Pathos und Euphorie waren lange Zeit bestimmend für eine Literatur, die sich der Rückbesinnung auf die schlimme Zeit zwischen dem zehnten und zwanzigsten Lebensjahr widmete. Das ist nun anders, Pathos ja, Euphorie eher nicht. Im heißen Sommer der Fußball-WM in Deutschland stellte die Öffentlichkeit erstaunt fest, dass die junge Generation zwar begeisterungsfähig sei, dabei jedoch keinerlei Tendenz zu Ausschreitungen mehr zeige – ein Grad von Zivilisation, zu der sich die westlichen Gesellschaften im Grunde beglückwünschen dürfen, wäre da nicht der beunruhigende Gedanke, dass soviel Abgeklärtheit vielleicht ein wenig langweilig sein könnte. Ulf Erdmann Zieglers zahme Wiesen weiterlesen