Es bleibt eine Lücke zwischen dem historischen Subjekt und dem Leser, die alle Möglichkeit einer Vergleichung oder Anwendung abschneidet und … ein Kopfschütteln der Befremdung erweckt. Wir sehen den Unglücklichen … für ein Geschöpf fremder Gattung an, dessen Blut anders umläuft als das unsrige, dessen Willen andern Regeln gehorcht als der unsrige; seine Schicksale rühren uns wenig, denn Rührung gründet sich ja nur auf ein dunkles Bewußtsein ähnlicher Gefahr, und wir sind weit entfernt, eine solche Ähnlichkeit auch nur zu träumen. Die Belehrung geht mit der Beziehung verloren, und die Geschichte, anstatt eine Schule der Bildung zu sein, muß sich mit einem armseligen Verdienst um unsre Neugier begnügen.
Der Held muß kalt werden wie der Leser, oder, was hier ebensoviel sagt, wir müssen mit ihm bekannt werden, eh‘ er handelt; wir müssen ihn seine Handlung nicht bloß vollbringen sondern auch wollen sehen. An seinen Gedanken liegt uns unendlich mehr als an seinen Taten, und noch weit mehr an den Quellen seiner Gedanken als an den Folgen jener Taten.
So schreibt Schiller in „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ über das Verstehen des Andersartigen. Seinen Tipp: „wir müssen ihn seine Handlung nicht nur vollbringen sondern auch wollen sehen“ gebe ich gern an die heutigen schwulen Autoren weiter.