– „Hast du schon das neue Buch von XY gelesen?“
– „Ne, warum – findest du das gut?“
– „Die Story ist total langweilig, aber irgendwie ist es ganz witzig geschrieben …“
– …
Damit die Neuerscheinungen der schwulen Verlage nicht nur in Kneipen und Darkrooms, sondern auch auf dem „Marktplatz“ unseres Blogs diskutiert werden, stellen wir unsere hier kurz vor!
Hat schon jemand etwas gelesen??
Andere Leser (und auch die Autoren & Verleger) freuen sich über Kommentare! 10 neue Bücher gibts in diesem Frühjahr bei Männerschwarm:
1. „Schwule Nachbarn“ – 21 Heteros und Heteras erzählen von ihren Begegnungen mit Menschen mit etwas anderen sexuellen Angewohnheiten. Ein interessanter Perspektivwechsel – für beide Seiten.
2. Anneke Scholtens, „Abel“ – Die niederländische Autorin schreibt von der ersten schwulen Liebe einmal anders herum: Bart ist heterosexuell und kann mit Abels scheuen Annäherungen so gar nicht umgehen. Einen solchen „Bart“ hat wohl jeder einmal erlebt, ein kleiner Hetero, der von den vielfältigen Möglichkeiten der Sexualität stark überfordert ist.
3. Uwe Szymborski, „Radikal“ – Neonazis lieben es, Schwule zu verprügeln, dabei sind auch in ihren Reihen einige Homos anzutreffen. Szymborski porträtiert das Innenleben des in Magdeburg lebenden, arbeitslosen Florian, der nach einem Anschlag auf ein Asylantenhaus Zweifel an seinen politischen Vorstellungen bekommt.
4. PP Hartnett, „Tokio Lindenstraße“ – Die Taschenbuch-Neuausgabe des Romans „I want to fuck you“. In einem tokioter Wohnblock brodeln die (erotischen) Sehnsüchte, aber die Figuren dieses Romans müssen den enormen Druck der gesellschaftlichen Konventionen überwinden, um diese Sehnsüchte zu verwirklichen. Nicht alle sind dabei erfolgreich.
5. Fabian Kaden, „Murats Traum“ – Ein neuer Roman der erotischen „Edelfeder“ Fabian Kaden („Davids Sommer“). Murat und Oliver gehen auf gemeinsame Beutezüge im Kreuzberger Kiez, aber schließlich wird der unbeschwerte Sexleben durch den Einzug der Liebe ein wenig kompliziert.
6. „Hamburg mit anderen Augen“ – Ein schwules Stadtbuch, das reichlich „Infotainment“ zu vielen für Schwule interessanten Aspekten der Hansestadt bietet. Neben durchaus subjektiven Bewertungen wichtiger Klubs und Kneipen bietet das Buch Stadtrundgänge, Porträts der spezifisch hamburgischen Leder-, Park- und Saunaszene, literarische Fundstücke und vieles mehr.
7. „Unbeschreiblich männlich“ – Ein Sammelband mit 19 queertheoretischen Beiträgen zu ganz verschiedenen Versuchen, sich mit männlichen Verhaltensmustern auseinanderzusetzen: vom Homo-Skin über Fremdenlegion und weibliche Minenarbeiterinnen bis zu Bildanalysen und Jesus‘ Lieblingsjünger Johannes.
8. „Invertito“ Jg. 8 – Das historische Jahrbuch erstmals ohne Schwerpunktthema, mit Artikeln u.a. zu den historischen Gestalten Reichsgraf Rantzau und Caspar Wirz, zu bündischer Jugend und lesbischem Coming-out.
9. Steakley, „Anders als die andern“ – Eine Materialsammlung zu dem epochemachenden Film gleichen Titels aus den 20er Jahren.
10. Georges Eekhoud, „Escal-Vigor“ – Reprint eines belgischen Romans aus dem 19. Jhdt. Ein junger Graf und sein jüngerer Geliebter finden auf einer kleinen, noch weitgehend unzivilisierten Insel zueinander und werden schließlich von den barbarischen Ureinwohnern brutal abgeschlachtet.
„Schwule Nachbarn†nicht relevant –
Darf ich als Herausgeber auch etwas schreiben?
„Brunos†(eine bedeutende schwule Buchladenkette) hatte die „Schwulen Nachbarn†nicht im Katalog. Und nicht in den Läden. Das hat mich gewurmt, mein Kollege vom Vertrieb macht gerne Urlaub, also frage ich selbst mal nach. Die Antwort: Der Chef selbst hat entscheiden: Das Buch sei irrelevant. Schwule müssten erst mal mit sich selbst klarkommen. Da störe nur, wenn ein an anderer Blick ins Spiel kommt.
Ich hab’s ihm geschickt. Das nächste, was ich hörte, war, das Buch sei antiemanzipatorisch. Ja gibt’s den sowas? Da staune ich aber! Ich finde das Buch wirklich klasse!
Nun hatte „Männer aktuell†(erscheint im selben Hause) eine Geschichte (von Matthias Altenburg) aus dem Buch schon im März abgedruckt, hat das Buch im April sehr gut besprochen (â€Ein spannender Blick über den Tellerrand.â€), druckt im Mai-Heft die nächste Geschichte (von Feridun Zaimoglu). Wie passt das zusammen?
Nun denn: Ende gut – alles gut. Im Mai-Katalog von „Brunosâ€, so höre ich, soll der Titel aufgenommen werden.
„Schwule Eigenheiten pflegen“ – davor warnte schon 1979 Gudmund Vindland in seinem Klassiker „Der Irrläufer“. Sein Held Yngve wünscht sich ein Leben ohne Diskriminierung und im guten Einvernehmen mit dem Rest der Welt. Dass Schwule damit anfingen, sich nur noch mit sich selbst zu beschäftigen, fand er bescheuert. Fast 30 Jahre später ist das Thema offenbar noch immer virulent – die einen schotten sich gern in ihrem Getto ab, die anderen muten sich und ihre Lebensweise auch der Hetero-Umgebung zu („Mach dein Schwulsein öffentlich“ – eine Demo-Parole der 70er) und hören auch schon mal hin, wie diese Umgebung sie eigentlich findet. Das heißt ja weiß Gott nicht, dass ich mir von einem Hetero sagen lasse, wie ich leben soll.
Matthias Frings („Liebe Sünde“) distanzierte sich – ebenfalls schon in den 70er Jahren (Gott, bin ich alt) – vom „Brei der Bewegung“, aber vielleicht muss man sich durch diesen süßen Brei hindurchfressen, um ins Schlaraffenland zu kommen?
Ich denke, dass in einer Verkaufskette kein Buch „irrelevant“ sein kann, das irgendwie noch Euros bringt…
Gewisse Fotobände enthalten auch massenweise heterosexuelle Jungs und Männer – wären auch alle irrelevant..
Ich habe in den letzten Jahren manches „irrelevante“ Buch gesehen , oder einen solchen Eindruck gewonnen. Die Titel sind trotzdem verkauft worden – wenn auch später noch verramscht.
Ich finde es einfach wichtig, bei Besprechungen den schwulen Bezug anzugeben. Wer ein „schwules Buch“ lesen möchte, der möchte nicht mit Heterofastfood abgespiesen werden. So haltens auch die Heteroverlage, wenn sie allfällige schwule Bezüge in der Werbung unterschlagen…ähm das ist jetzt nicht das Gegenteil von vorherigem. 😉
Bei mir im Laden bekommt mann ein Buch mit schwuler Thematik. Alles andere wird nur mit Kommentar verkauft. So redlich sollte es zugehen. Auch in Versandinformationen.
Zuhören beim Lesen! Ich bin ganz überrascht, dass gerade „professionelle“ Leser – allerdings aus Berlin – einem erklärtermaßen neuartigen Buch nicht „zuhören“ und zu ganz eigenartigen Einschätzungen gelangen. Die „Schwulen Nachbarn“ bringen erstmals gebündelt heterosexuelle Ansichten von Schwulen, da würde man erwarten, dass die Leser etwas genauer hingucken. Warum erzählt eine Frau eine Coming-out-Geschichte, warum erklärt eine andere Frau ihre Begeisterung für schillernde Geschlechterungenauigkeit, was hat eine Erzählung über das böswillige Outing eines Musikers mit „Schwulen Nachbarn“ zu tun?
Natürlich kann man sagen: viele dieser Themen gab es in den 70er aus schwuler Feder, also warum jetzt die alten Elendsgeschichten von mitleidig lächelnden Heteros noch mal erzählt bekommen? Wenn es so wäre, hätte dieses Buch tatsächlich keinen Sinn, aber ist das so sicher? Wenn man die Texte wirklich liest, erkennt man schnell die Besonderheiten; oft sind es nur kleine, das liegt in der Natur der Sache, aber sie sind da. Wo setzt eine Coming-out-Geschichte ein und wo hört sie auf? Da unterscheiden sich Heteros und Homos gewaltig. Welchen Bezug hat die Autorin bzw. Erzählerin eigentlich zum berichteten Outing des Musikers?
Man könnte sagen: warum bleiben die Heteros nicht einfach bei ihrer einseitigen Weltsicht? Wenn sie über Homos schreiben, hören die ihnen gar nicht zu. Es mag ja sein, dass die Herrschaften vom anderen Ufer noch ein bisschen üben müssen, sie haben halt nicht so viel Erfahrung wie die Generationen von Schwulen, die brav die Heteroplots geschrieben haben, die man von ihnen erwartet hat. Umständehalber können wir den Blick über den Gartenzaun besser, das wird wohl so sein. Aber ist denn niemand neugierig darauf, dass zurückgeguckt wird? Ist von der anderen Seite nichts zu erwarten, was wir nicht besser könnten? Hm.
Was ist denn mit dem Roman von M. G. Schoeneberg „Geister der gelben Blätter“! Das ist doch endlich mal ein Buch, das alles hat, was alle fordern: eine spannende Geschichte, schwul ist nicht Thema, sondern selbstverständlich, und vor allem eins: Schoeneberg kann schreiben!