Prix Goncourt für Gilles Leroy

Manchmal ist der höchste französische Literaturpreis doch fast so etwas wie ein schwuler Literaturpreis. Sind in der Vergangenheit schon mal Autoren wie Marcel Proust oder Yves Navarre ausgezeichnet worden, erhielt ihn im Vorjahr Jonathan Littell für seinen Roman über einen schwulen SS-Offizier und Massenmörder, so traf es in diesem Jahr mit Gilles Leroy einen schwulen Autor – obgleich der ausgezeichnete Roman „Alabama Song“ das Leben Zelda Fitzgeralds nacherzählt und somit höchstens indirekt ein schwules Thema verfolgt.Zelda Sayre heiratete 1920 den Schriftsteller F. Scott Fitzgerald („Der große Gatsby“), beide wurden wurden zum Glamour-Paar der Roaring Twenties Age und pflegten einen ausschweifenden Lebensstil, der nach ausbleibendem Erfolg in Alkoholismus und Nervenzusammenbrüchen endete. Zelda starb nach zahlreichen Klinikaufenthalten 1948 bei einem Brand in einem Sanatorium. Diese knapp 30 Jahre des Aufstiegs und tiefen Falls Zeldas beschreibt Leroy, Biografisches mit Fiktivem vermischend, als Ich-Erzähler. Gar nicht mal unschwul 🙂

Bis zum „Alabama Song“ hatte Gilles Leroy bereits 12 Romane veröffentlicht, überwiegend autofiktionale Texte (für schwule Autoren in Frankreich ja nichts Ungewöhnliches: man denke an Hervé Guibert, Renaud Camus u.a.) In „Les maîtres du monde“ verarbeitet er seine Schulerfahrungen, „Grandir“ ist ein vielgelobter Coming-of-age- und Coming-out-Roman, in „L’Amant russe“ erzählt er eine schwule Liebesgeschichte im (noch sowjetrussischen) Leningrad, und in dem Tagebuchroman „Champsecret“ finden gleich zwei Gilles Leroys zusammen und leben fortan gemeinsam mit ihrer Hündin auf dem Land.

Ins Deutsche übersetzt wurde bisher noch kein Buch Leroys; für „Alabama Song“ wird sich gewiss schnell ein Verlag finden; die übrigen Titel erwägt vielleicht ein kleiner schwuler Verlag in Hamburg, der Dank des Engagements des Übersetzers JJ Schlegels schon ein paar Meisterwerke vom anderen Ufer (des Rheins scil.) auf den Markt gebracht hat.

Ein Gedanke zu „Prix Goncourt für Gilles Leroy

  1. Erst mal drei bis vier Bände Autobiografie, dann ein Buch über andere Künstler – das erinnert irgendwie an Leavitt (und Cunningham); anscheinend haben die jungen Leute es schwer, gute Themen zu finden. Sind Leroys Bücher denn in einer kleinen Hamburger Buch-Boutique erhältlich??

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